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Montag, 25. März 2013

Waldessprache - Aloys Schreiber

Foto Wald
Wald - Foto pixabay

Waldessprache

Mich ergreifen Lust und Bangen
Unterm grünen Baumgezelt : 
des Waldes Nacht umfangen
Ahn' ich eine fremde Welt.

Dunkel wohnen hier und Grauen,
Wo sich Zweig in Zweig verflicht.
Doch die hohen Wipfel schauen
Fröhlich in das Sonnenlicht.

Ich vernehm ein säuselnd Wehen,
Und es regt sich jeder Baum; —
Geister wallen ungesehen
Durch des Forstes weiten Raum.

Wollt ihr mir Geheimes sagen
Aus dem unbekannten Reich?
O ich hör' euch ohne Zagen,
Reines Herzens frag' ich euch:

Ist der Wildniß stilles Leben,
Ist es näher euch verwandt?
Ja ich fühle hier ein Streben,
Frei von jedem Erdenband.

Stimmen, welche längst verklungen,
Tönen wieder meinem Ohr,
Was die Kindheit mir gesungen,
Neugestaltet tritt's hervor.

Soll ich hier die Weide finden,
Die mir Höheres verheißt ?
Sich der Geisterwelt verbinden,
Will der freigewordne Geist.

Dort des Felsens heilge Quelle
Ladet zu der Sühne ein,
Und des Lehrlings Blick sey helle,
Seine Hände seyen rein.

An dem grauen Stamm der Eiche
Spielt ein goldner Strahl herab:
Was unheilig ist, entweiche!
Neues Leben giebt das Grab.

Hoch am Himmel zieht ein Wetter,
Lauter tos't der ferne Strom,
Lauter rauschen alle Blätter
In dem grün gewölbten Dom.

Treten will ich, ohne Grauen,
Vor den Unsichtbaren hin ;
Das Geheimnißvolle schauen
Darf der kindlich fromme Sinn.

(Aloys Schreiber)

Aloys Wilhelm Schreiber (* 12. Oktober 1761 in Bühl (Baden); † 21. Oktober 1841 in Oos (Baden-Baden)) war Lehrer und Professor der Ästhetik, Hofhistoriker, Schriftsteller und Reisebuchautor. (Quelle Wikipedia)

Dienstag, 26. Februar 2013

Das Mädchen und die Blumen

Das Mädchen und die Blumen. 

Das Mädchen.

Süße Blumen, seyd willkommen
In des Jahres goldner Zeit,
Ach, ihr seyd so spät gekommen,
Und der Sommer ist nicht weit.

Könnt ihr meine Stimme hören,
Könnt ihr meine Blicke sehn?
Sagt mir, welche will mich lehren
Euer leises Wort verstehn?

Sagt mir, welche soll ich wählen
Zur Gespielin in dem Mai?
Welche will mir gern erzählen,
Wo die schöne Heimath sey?



Wähle mich ! mit reinem Kleide
Schmückte mich der Mutter Hand,
Unschuld wurde mein Geschmeide,
Und so bin ich dir verwandt.




Das Veilchen

Wähle mich, ein süß Verlangen
Wohnt in meinem zarten Blau;
Doch es kühlt die warmen Wangen
Freundlich mir der reine Thau.




Die Rose

Wähle^mich, denn treu behüten
Lehr' ich dich durch heil'ge Scham
Deiner Jugend keusche Blüten
Ohne Reue, ohne Gram.



Der Rosmarin. 

Wähle mich, denn hoffend bindet
Mich die junge Braut ins Haar;
Wähle mich, denn hoffend windet
Mich die Trauer um die Bahr.







Das Mädchen.

O ihr Freundlichen, umgeben
Sollt ihr alle meinen Mai,
Sollt mir sagen, was im Leben,
Was im Tod das Schönste sey!

Aloys Schreiber

Quelle: Taschenbuch der Blumensprache von J.M. Braun, Januar 1843
Fotos: Rose, Lilie pixabay, Rosmarin, Veilchen  Leo Michels

Aloys Wilhelm Schreiber, geboren am 12. Oktober 1761 in Bühl (Baden); gestorben am  21. Oktober 1841 in Baden-Baden Oos. Schreiber war Lehrer und Professor der Ästhetik, Hofhistoriker, Schriftsteller und Reisebuchautor.