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Sonntag, 10. Februar 2013

Die Sprache der Blumen von Christian Schreiber


Ein nettes Gedicht, das aus dem 19. Jahrhundert stammt, möchte ich Ihnen vorstellen.

Es erzählt von einigen Blumen und deren Sprache. Der Dichter lebte von 1781 bis 1857.

In dieser Zeit hatte die Blumensprache eine große Bedeutung - und nicht nur die Blumensprache, sondern die Natur im Allgemeinen.

Leider ist dieses schöne Gedicht nicht bekannt, der Dichter offenbar auch nicht.

Die Sprache der Blumen 

Liebliche Blumen, ihr Töchter der Flur,
Freundliche Gaben der schönen Natur;
Bilder zu werden dem regen Gefühl
Weiht euch der sanften Empfindungen Spiel;
Laßt mich zum farbigen Kranz euch winden.
Eure bedeutsame Sprache ergründen!

Hell ist die Farbe der Unschuld und licht:
Trügende Schimmer erheben sie nicht?
Drum auf der Lilie zartes Gewand,
Goß sie die Charis mit himmlischer Hand,
Schuf sie zum Sinnbild erhabener Milde,
Schuf sie zum köstlichen Schmuck der Gefilde!

Schön in des Mädchens gewundenem Haar
Stellt sich die grünende Myrte dar;
Wisse, die Sanftmuth, dem Himmel entschwebt.
Ward in die grünende Myrte gewebt;
Sittsam den lockigen Scheitel zu kränzen,
Und um die Wangen der Unschuld zu glänzen.

Schimmernder Lorbeer, dich weihte der Ruhm
Blutigen Helden zum Eigenthum,
Doch der Begeisterung hohes Gefühl
Wand dich auch hold um das, Saitenspiel,
Schmuck dem geheiligten Sänger zu leihen,
Und ihn zum Liebling der Götter zu weihen.

Kennst du das Veilchen, die Blüte des Mais?
Demuth, sie gab ihm den köstlichen Preis!
Nur von dem suchenden Auge gesehn
Blüht es verborgen, doch duftet es schön;
Weiß nur im Stillen das Herz zu beglücken,
Und der Bescheidenheit Busen zu schmücken.

Kennst du die Blume, die schönste der Flur?
Wenige Monden ach! glühet sie nur;
Haucht in das schmeichelnde Kosen der Luft
Magischen, süßen, ambrosischen Duft;
Doch, wer hat Liebe je schmerzlos erfunden?
Auch ist die Rose mit Dornen umwunden!

Flüstert die schmerzende Sehnsucht dich wach,
Nennst du das Blümchen am murmelnden Bach:
Blau ist sein Schimmer, so lieblich und licht,
Liebe, sie nannt' es Vergißmeinnicht!
Willst du nicht reuvoll das Leben verschwenden,
Wahre die Treue in heiligen Händen.

Aber im freundlichen Immergrün
Ließ sich die Freundschaft ihr Sinnbild erblüh'n;
Nimmer vergeht es am moosigen Quell
Schimmert im Kranze des Lebens so hell;
Flicht sich zusammen zum ewigen Bunde,
Heilet und kühlt dir die blutende Wunde!

Düstre Cypresse, der Wehmuth Bild
Ward in dein dunkles Gezweigs verhüllt;
Denn auf das einsam, schweigende Grab
Neigst du die trauernden Blüten herab;
Ach! und vergebens in zärtlichen Tönen
Klagen die liebenden Herzen ihr Sehnen!

Siehe, die Bilder des Lebens verglüh'n,
Schnell, wie die duftenden Blumen verblüh'n;
Aber des Lenzes allliebendem Blick
Kehren sie schöner und milder zurück!
Herzen auch sinken zum Schlummer nieder,
Aber — sie lieben und kennen sich wieder.

Christian Schreiber (1781 - 1857)